Bau

Die Klangfaktur ist das Werk zweier leicht irrer Klangfetischisten, die sich nach langen Jahren der Kompromisse ihr Traumstudio realisiert haben. Wir beiden, Rainer und Christoph, haben im Schweisse unseres Angesichts nahezu jede Schraube selbst eingedreht und jedes Kabel gelötet. Auf unserem Weg haben uns etliche Leute sehr unterstützt, denen wir an dieser Stelle ganz herzlich danken möchten: Dirk, Gabriel, Michael und Dani (Urheber der tollen Renderings) von WSDG, David beim Bau und als Lobbyist im Vorstand, Gacon, Beat, Frank, Phile, Marc, Milli, Emil, Mauro, Bernhard, Suk-Woo und Laura auf der Baustelle, Stefan für das Konzept und die ganzen Berechnungen unserer Lüftung, unseren Eltern und all denen, die uns in dieser anstrengenden Zeit die Stange gehalten und uns motiviert haben. Ganz spezieller Dank gebührt auch unseren ehemaligen Büronachbarn von Denkmal, Remo, Fabio und Pascal, die während fast zweier Jahre konstante Lärm-, Lagerraum- und Glasstaubimmissionen ohne Murren über sich ergehen liessen! Herzlichen Dank auch dem KiFF-Vorstand und -Team dass sie mit ihrer Bereitschaft und Offenheit dieses Unternehmen immer wieder möglich gemacht haben.

Vorgeschichte
Das KiFF (IG Kultur in der Futterfabrik Aarau) ist eines der bekanntesten alternativen Kulturzentren im Schweizer Mittelland. Seit einem grösseren Umbau im Jahre 2001 verfügt es neben dem grossen Veranstaltungssaal (350 m2) im 2. Stock über eine grosse Bar «Foyer» im Parterre (200 m2) und den Club «Silo» (100 m2) im Keller. Ausserdem gehören das Kleintheater «Fabrik-Palast», wie auch die Klangfaktur zu den Untermietern des KiFF.
Im Rahmen dieses Umbaus wurden neue Räume im zweiten Stock des Gebäudes erschlossen. Rainer Rütimann, früher im KiFF-Vorstand verantwortlich für die Technik und Christoph Flueler, damals Presseverantwortlicher des KiFF, trugen sich schon lange mit dem Gedanken, einen Raum für Live-Aufzeichnungen aus dem Saal herzurichten. Mit den neuen Möglichkeiten rückte diese Idee in greifbare Nähe, es zeigte sich jedoch bald, dass es keinen Sinn machte, beim Bau Kompromisse einzugehen, was natürlich mit einem erheblichen Aufwand verbunden sein sollte.

Planung
Der Bau der Klangfaktur hat fast zwei Jahre gedauert. Die Planung begann im Sommer 2000, ein erster Vorschlag für die Nutzung von 40 m2 Raum im ersten Obergeschoss wurde vom KiFF Vorstand im Dezember 2000 genehmigt. Die Baupläne und das Akustikdesign wurden in enger Zusammenarbeit mit dem international renommierten Akustikbüro Walters Storyk Design Group Europe (WSDGe) erarbeitet.

Die Anforderungen waren anspruchsvoll. Der Kontrollraum sollte akustisch so gut wie möglich vom Saal entkoppelt sein, er musste höchsten akustischen Anforderungen genügen, für Surroundproduktionen vorbereitet werden und sollte Zugang zu Tageslicht haben. Alle Veranstaltungsräume des KiFF mussten ausreichend mit Video- und Audioleitungen erschlossen werden. Im Juni 2001 war die Planungsphase abgeschlossen – der Bau konnte beginnen.

Unteres Bild: Die Computersimulation entspricht verblüffend gut dem fertigen Ausbau (siehe Kontrollraum).

Boden

Als erstes wurden an den Betonträgern des Gebäudes (gummigelagerte) Balken montiert, an welchen später die Decke aufgehängt werden sollte. Die Wand gegen die Ateliers wurde durch eine eingezogene Gipswand verstärkt. Der Boden, bestehend aus einer Lage Spanplatte, 3 cm Gips und abermals Spanplatte, wurde auf Schwingkörpern verlegt, die auf unsere Raumfläche abgestimmt, eigens aus den Staaten geliefert worden waren.

Kabinen

Um die einzelnen Räume akustisch zu trennen, wurde der Boden in drei Teile zersägt. Auf jedem dieser Teilböden konnte nun eine separate Kabine aufgebaut werden.

Jede Kabine besteht aus 15 cm Steinwolle und drei Lagen (4.5 cm) Gips, die einzeln verspachtelt und miteinander verleimt wurden. Montiert haben wir dies alles auf eine Leichtmetallkonstruktion. Zwischen zwei Wänden sind jeweils 10 cm Abstand. Die beiden Iso-Kabinen erhielten je eine eigene, auf den Wänden aufgelegte Decke.

Lüftung

Die Lüftung ist zu grossen Teilen aus dem Raum ausgeklammert. Die Luft gelangt von der Fassade zunächst in ein grosses Sammelgefäss, von wo sie über Schalldämpfer an den Kontrollraum und die grosse Iso-Kabine geleitet wird. Ebenso wird mit der Abluft verfahren. Im Kontrollraum wurde ein riesiger, fast drei Meter langer Schalldämpfer für die Zuluft eingelegt.
Die Abluft wird versteckt hinter der Rückwand an der Decke wieder abgesaugt. Um Strömungsgeräusche zu minimieren, verfügen Zu- und Abluftkanäle über entsprechend grosse Querschnitte, wodurch die Fliessgeschwindigkeit klein gehalten werden kann. Auch der kleine Maschinenraum für das Netzteil des Mischpults und den Computer verfügt über eine eigene, schallgedämpfte Lüftung.

Decke
Für die Decke des Kontrollraums wurden an den zu Beginn der Bauarbeiten montierten Holzträgern massive Federelemente angeschraubt, an denen wir einen Metallrost aufhängten, woran dann die Decke (zwei Lagen Gips und eine Lage Spanplatte, total 5cm) festgemacht werden konnte. Darüber kam die übliche Ladung Steinwolle ohne Kontakt zur eigentlichen Raumdecke. Die Kontrollraumdecke wurde in den Raum hineingehängt und am Schluss mit Silikon gegen die Wand abgedichtet.

Säule

Speziell behandelt werden musste die Säule, welche mitten durch den Kontrollraum geht: Sie wurde "akustisch ausgeklammert", indem wir eine Verschalung um sie herum bauten, welche auf dem Boden aufsetzt und durch die Decke hindurchgeht (und diese nicht berührt).
Um damit die Raumsymmetrie nicht zu beeinträchtigen, erstellten wir später eine "virtuelle Säule" an der Spiegelposition – ein Möbel, welches gleichzeitig unsere ADATs (RIP) und die Digitalinterfaces beherbergt(e).
Der Raum zwischen den Säulen wird fast vollständig von aufgehängten Breitbandabsorbern ausgefüllt (siehe unten Bild unter «Akustikelemente»).

Speakerwall

In diesen noch leeren Raum hinein bauten wir nun die Speakerwall, welche einerseits geschickt den Zuluftkanal versteckt und andererseits die Lautsprechergehäuse beherbergt. Die Wand ist so geneigt, dass die Speaker direkt auf die optimale Abhörposition gerichtet sind. Sie ist nicht mit der Decke verbunden, aber stark genug in der Rückwand verankert, dass ein Mitschwingen bei hohen Pegeln ausgeschlossen werden kann. Die Boxen sind in massive Gehäuse aus MDF eingesetzt, die mit Moosgummi ausgekleidet wurden.
Im Hinblick auf 5.1-Produktionen haben wir bereits ein drittes Gehäuse für den Centerspeaker eingesetzt, welches aber momentan noch mit einer Blende abgedeckt ist. Ausserdem sind die ganze Front und der vordere Teil der Ceiling Cloud stark absorbierend, um eine Reflektion der Rear Speakers an der Front auszuschliessen.

Fenster & Türen / Ceiling Cloud

Türen und Fenster wurden vom Schreiner gebaut, montiert und mit viel Silikon abgedichtet. Das akustische Pendant zum Fenster im Kontrollraum ist eine hinter der Stoffbespannung aufgeklebte Glasscheibe an der gegenüberliegenden Wand.
An die Decke wurden zunächst drei 63-Hz Absorber von RPG montiert, darunter wurde eine sehr grosse Ceiling Cloud gehängt.

Akustikelemente

Vier weitere Absorber befinden sich an der Rückwand hinter den Säulen: je zwei 20 Hz und zwei 40 Hz Absorber, ebenfalls von RPG (Detaillierte Beschreibung in der Vergrösserung).
Optisch wird die Rückwand durch die Racks und die Diffractors von RPG abgeschlossen, die für eine regelmässige Verteilung der rückseitigen Erstreflexionen sorgen.
Um hochfrequente Erstreflexionen von der Seitenwand zu reduzieren, wurden (zusätzlich zur Raumgeometrie) Melaminabsorber angebracht
In der Isolierkabine 1 sorgt ein spezieller Breitband-Diffusor für eine regelmässige Verteilung der Erstreflexionen im Raum und damit für eine angenehme Atmosphäre trotz der kleinen Grundfläche. An der Decke befinden sich zwei Bassabsorber von RPG und darunter gehängt eine Ceiling Cloud, die unerwünschte Raumresonanzen zwischen Boden und Decke (den einzigen parallelen Wänden des Raums) verhindert. Die Fensterscheibe zum Kontrollraum aus Akustikglas ist auf der Kabinenseite nach unten geneigt, um Resonanzen zwischen den beiden Scheiben zu verhindern.

Licht
Der Lichtstromkreis und zwei Audiostromkreise hängen an unterschiedlichen Phasen. Die Leuchtstoffröhren für das indirekte Licht sind extrem leise, flackerarme Lumilux-Röhren. Für die eingebauten Halogenlampen haben wir eine transformatorlose 240 Volt-Variante gewählt, um keine Einstreuungen in die Audioleitungen zu haben. Sämtliche Daten-/Strom- und Audioleitungen sind strikt getrennt verlegt. Audioleitungen sind natürlich wo immer möglich symmetrisch geführt.

Verkabelung

Nach dem Verputzen der Wände und Decken, diversen Holzarbeiten, Bespannen mit Stoff, Streichen und dem Einlegen des Parkettbodens, wurden sämtliche Anschlüsse gelötet und getestet. Auch die Returnleitungen in den Saal mussten separat verlegt werden.
Im Bild sieht man die Multicores der Effektracks beim Test.
In beiden Iso-Kabinen sorgen Stageboxen für Übersicht und Ordnung: das gewählte Routingkonzept lässt beliebige Kombinationen von Ein- und Ausgängen zu.

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